CDU Stadtverband Heilbronn

Historie der CDU-Heilbronn

CDU Heilbronn:

Von der „Diaspora“ zur stärksten Kraft

Vortrag von Bürgermeister a. D.  Artur Kübler im Heilbronner Ratskeller über die Gründungsjahre der Christlich Demokratischen Union ab 1945 in Heilbronn

 

 

Mit einem Gedanken von Konrad Adenauer begann Bürgermeister a. D. Artur Kübler vor der vom Landtagsabgeordneten und Stadtverbandsvorsitzenden Alexander Throm geleiteten CDU-Monatsversammlung sein Referat über die Gründungsjahre und Entwicklung der CDU im Heilbronner Raum: „Man muss das Gestern kennen, man muss auch an das Gestern denken, wenn man das Morgen gut und dauerhaft gestalten will.“

Dies gelte für die CDU gerade auch aktuell.  Gerade in einer Zeit, in der erstmals seit 57 Jahren die CDU in Baden-Württemberg nicht mehr in Regierungsverantwortung stehe, könne es nicht schaden, aus dem „Gestern“ für eine gute Zukunft die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wenn dies geschehe, werde er  in seiner Hoffnung  bestätigt, sagte Kübler, dass es sich bei der derzeitigen Landesregierung „nur über eine ebenso temporäre Erscheinung handeln wird, wie seinerzeit bei der ersten baden-württembergischen Landesregierung unter dem DVP/FDP-Ministerpräsidenten Dr. Reinhold Maier.“

Nach Auffassung Artur Küblers war  e i n e    parteipolitische Weichenstellung im Jahre 1946 mit die wesentliche Ursache dafür gewesen, dass in der Stadt Heilbronn die Wahlergebnisse der CDU  in den ersten Jahrzehnten nach dem Kriegsende erheblich hinter den Zahlen für die SPD und die FDP/DVP zurück geblieben seien.

In den Notzeiten der Trümmerlandschaft nach den Bombardierungen des                    4. Dezember 1944 wurden im Herbst 1945 auch in Heilbronn politische Parteien gegründet und von der Militärregierung förmlich zugelassen. Nach den Zulassungen  der SPD und der KPD, fanden sich am 28. Oktober 1945  Christliche  u n d  Freie Demokraten zur Heilbronner Volkspartei zusammen. Wie Zeitzeugenberichte verdeutlichen, hatte sich Theodor Heuss  damals ganz besonders für diese Gründung eingesetzt und als Gegner einer besonderen Demokratischen Partei neben der CDU geoutet. Er zeigte sich damals von der Notwendigkeit einer einzigen christlichen und zugleich liberalen Partei überzeugt, ließ sich später aber dennoch zum ersten Bundesvorsitzenden der FDP wählen. In Heilbronn, so Kübler, habe Heuss die „Taufrede“ für die 1945 gegründete christlich-liberale Heilbronner Volkspartei gehalten. Vorsitzender sei der Redakteur Willy Dürr geworden. Die Stuttgarter FDP/DVP um Reinhold Maier und Wolfgang Haußmann war im klaren Gegensatz zu Heuss für eine eigenständige liberale Parteigründung, die dann im Südwesten als DVP firmierte.

 

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Auch innerhalb der CDU und ihrer Vorläufergründungen gab es entschiedene Gegner einer einzigen Partei von Christlichen und Freien Demokraten. Anfang Dezember 1945 wurde auf Initiative von Nikolaus Schreiner aus Jagstfeld auf einer Bezirkskonferenz in Heilbronn die CDU gegründet. Schreiner wurde erster Vorsitzender des von ihm wesentlich aufgebauten CDU-Kreisverbandes. Er hatte die Versuche der Gründung einer einzigen Partei aus den ehemaligen bürgerlichen Gruppierungen nicht unterstützt.

Am 23. März 1946 sei es dann in Heilbronn zur „faustdicken Überraschung“ gekommen. Während sich in anderen Städten  die gemeinsamen „Volksparteien“   der CDU angeschlossen hatten, sei die Entwicklung in Heilbronn gerade umgekehrt verlaufen, so Kübler.  Mit großer Mehrheit hätten 1946 die Mitglieder der hiesigen Heilbronner Volkspartei beschlossen, sich nicht der CDU sondern der Demokratischen Partei anzuschließen, die in Baden-Württemberg zur Demokratischen Volkspartei (DVP) und später bundesweit zur FDP wurde.

Artur Kübler: „Dies bedeutete speziell  für die CDU in Heilbronn einen personellen und politischen Aderlass, dessen Auswirkungen sich noch  drei Jahrzehnte danach zeigten.“

Die Entscheidung vom März 1946 habe mit bewirkt, dass die CDU im Gemeinderat der Stadt Heilbronn zwei Jahrzehnte lang hinter SPD und FDP politisch das „dritte Rat am Wagen“ geblieben sei.  Bei der Gemeinderatswahl im Mai 1946 habe die CDU-Kandidatenliste noch 23,79 %, im Dezember 1947 nur 21,82 % und bei der Wahl am 28. Januar 1951 lediglich noch 14,28 % der abgegebenen Wählerstimmen erreicht. Zeitweilig sei die CDU im Gemeinderat mit nur 6  Stadträten vertreten gewesen, als die FDP 12 Sitze und die SPD 15 Sitze errungen hätten. Erstmals im Jahre 1965 habe die CDU mit der FDP gleichziehen können: beide Parteien seien mit jeweils 8 von 36 Ratssitzen im Gemeinderat vertreten gewesen. Und es habe gar drei Jahrzehnte politischer Vertrauensbildung und bürgernaher Kärrnerarbeit benötigt, damit 1975 erstmals die CDU die SPD als die bis dahin stets stärkste Rathausfraktion ablösen konnte.

Artur Kübler: „Ja, und sogar 31 Jahre Überzeugungsarbeit um das Vertrauen der Bürgerschaft waren erforderlich, bis mit dem damals direktgewählten und unvergessenen Ulrich Stechele 1976 erstmals ein CDU-Politiker für den Wahlkreis der Stadt Heilbronn in den Stuttgarter Landtag einziehen konnte.“

Erst ungefähr ein Vierteljahrhundert, nachdem die CDU begonnen hatte, in Stuttgart die Ministerpräsidenten zu stellen, sei auch die Heilbronner Partei aus der landespoltischen „Diaspora“ herausgekommen.

Kübler berichtete aus alten Akten, Recherchen, Chronik-  und Archivnotizen, wie in den ersten Nachkriegsjahren Wahlkampf gemacht werden musste. Beispielsweise habe der damalige Kreisgeschäftsführer Honisch gegenüber dem CDU-

 

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Landesverband in Stuttgart gefordert:

 „Für den Wahlkampf benötigen wir 300 Liter Benzin, es sollen insgesamt 100 Veranstaltungen durchgeführt werden“.

Für jede der 100 Gemeinden bat er, jeweils mindestens 10 Plakate zuzusenden. Unter anderem für Heilbronn sollten aber „mehr Plakate“ zur Verfügung  gestellt werden.

Artur Küblererinnerte daran, dass für die erste CDU-Landesliste Nord-Württembergs und Nord-Badens zur Bundestagswahl 1949  die gemeinsame Delegiertenversammlung in geheimer Wahl den späteren Vater des Wirtschaftswunders, Professor Dr. Ludwig Erhard, auf Platz 1, und auf  Platz 2 den Arbeiter Karl Kern aus „Kirchhausen bei Heilbronn“ gewählt habe.  Artur Kübler: „Und dieser Karl Kern, der danach den Raum Heilbronn im Bundestag vertreten hat, war der Großvater unseres Heilbronn-Kirchhausener Stadtrats,   Schornsteinfegermeisters und Umweltexperten Alban Hornung.“

Als „noch unbestätigt“ sah Kübler Hinweise an, dass der heutige CDU-Stadtverband nach dem Kriege seinerzeit  im Wohnzimmer des ehemaligen Heilbronner Bürgermeisters und Oberbürgermeisters Paul Meyle als „CDU-Ortsgruppe Groß-Heilbronn“ gegründet worden war. Der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende Reinhold Fyrnys habe ihn vor Jahrzehnten darüber informiert, dass dies Fyrnys von Meyle   in einem Gespräch bestätigt worden war. Bei den personellen Verflechtungen einzelner CDU-Mitglieder aus ihrer Zeit in der zunächst gemeinsamen „Heilbronner Volkspartei“, so Kübler, könne er sich dies durchaus vorstellen.

Übrigens sei manches, was heute als fortschrittliche Neuerung gehandelt werde, in Heilbronn bereits in den ersten Nachkriegsjahren von der Militärregierung und der örtlichen Politik aufgegriffen worden. So sei in Heilbronn schon früh speziell auf politische Frauenarbeit und Jugendarbeit großer Wert gelegt worden. Die Stadtchroniken belegten, dass beispielsweise im November 1947 der Überparteilichen Frauenausschuss (in dem SPD, CDU, FDP und KPD vertreten waren) eine Frauenversammlung im Knorr-Saal einberufen hatten.

Ein „Heilbronner Jugendparlament“ bestand aus den Vorsitzenden aller von der Militärregierung zugelassenen Vorsitzenden der Jugendorganisationen und  trat   erstmals im Juni 1946 zusammen. Unter Vorsitz von Bürgermeister Karl Nägel wurde ein Komitee „Junges Heilbronn“ gebildet.  Militärgouverneur James W. Butler unterwies 1949 höchstpersönlich die gewählten Vertreter der auf dem Hammelwasen eingerichteten „Heilbronner Jugendstadt“ in die Technik demokratischer Versammlungsleitung. Und schon am 26. November 1949 fand in dieser Jugendstadt eine „erste Gemeinderatssitzung“ des am 8. November 1949 gewählten „12-köpfigen Jugendgemeinderates“ und des Jugendbürgermeisters für die Jugendstadt  

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Heilbronn statt. Für die Jugendstadt bzw. ein Jugendtagesheim waren  im Haushaltsplan der Stadt Heilbronn damals 50 000 DM vorgesehen.

Artur Kübler verglich die Mitgliederentwicklung der Nachkriegszeit mit der heutigen Situation und stellte die bekannten CDU-Gründungsmitglieder sowie die Stadträtinnen und Stadträte aus der Gründungszeit und der Aufbruchszeit namentlich vor. Die Gründerinnen und Gründer hätten die Grundlage für die Aufbruchszeit der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts gelegt und die Basis dafür geschaffen, dass nach Ulrich Stechele und Johanna Lichy mit Alexander Throm die CDU auch in schwieriger landespoltischer Zeit mit ihrem dritten direktgewählten Landtagsabgeordneten den Heilbronner Wahlkreis in Stuttgart bürgernah repräsentiere. Dasselbe gelte für die Tatsache, dass seit der damaligen Übernahme der Fraktionsführung durch die heutige Ehrenbürgerin Paula Fuchs die CDU durch das Vertrauen der Bevölkerung auf dem Heilbronner die stärkste Fraktion und mit Manfred Weinmann den ersten Oberbürgermeister der Partei in Heilbronn stellen konnte. Alexander Throm kündigte an, dass die umfangreichen Ausarbeitungen und Recherchen  Artur Küblers  über die  Geschichte der CDU im Heilbronner Raum „zu gegebener Zeit“ in einer Publikation veröffentlicht würden.